Rote Hilfe e.V. protestiert gegen willkürliche Festnahme einer Kieler Aktivistin in der Türkei

Wir dokumentieren eine Erklrärung der Roten Hilfe e.V.: http://www.rote-hilfe.de/presse/719-rote-hilfe-e-v-protestiert-gegen-willkuerliche-festnahme-einer-kieler-aktivistin-in-der-tuerkei

Freiheit für Yüksel, Bilen und Cemal!

Seit dem 27. August 2016 befindet sich unsere Genossin Yüksel aus Kiel in der Türkei in Untersuchungshaft. Yüksel Canlı ist 51 Jahre alt, lebt seit 1974 in Deutschland und hat die deutsche Staatsbürgerschaft. Sie wurde am Samstagmorgen während ihres Urlaubs in der ägäischen Stadt Edremit mit zwei weiteren GenossInnen, Bilen Ceyran aus Belgien und Cemal Altınsu aus Frankreich, in einer Ferienwohnung brutal festgenommen und auf das Polizeipräsidium in Balıkesir verschleppt. Bis zum 30. August haben die türkischen Behörden die Kontaktaufnahme mit den vor Ort ausharrenden Anwältinnen und Familienangehörigen verweigert.

Während die staatsnahe Presse einen Terrorvorwurf konstruiert, sind die realen Vowürfe bis heute noch unklar.
Bereits am Vortag hatte es Verhaftungen von AktivistInnen der SGDF (Sosyalist Gençlik Dernekleri Federasyonu – Föderation der sozialistischen Jugendverbände) und weiteren Personen gegeben. Insgesamt wurden 11 Personen festgenommen und zur Polizeistation Balıkesir gebracht. Das Verfahren wurde unter Geheimhaltung gestellt, wie so oft bei ähnlichen Fällen in der Türkei.
Nach der endlich erfolgten kurzen Kontaktaufnahme durch die AnwältInnen am 30. August haben wir erfahren, dass die drei uns bekannten Festgenommen durch die Haftsituation gesundheitlich deutlich beeinträchtigt sind und Yüksel die Einnahme lebensnotwendiger Medikamente zeitweise verweigert wurde.

Die Gefangenen müssen seit ihrer Festnahme unter menschenunwürdigen Bedingungen in einem unmöblierten Raum auf dem nackten Betonboden ausharren. Insbesondere für Yüksel, die stark gesundheitlich beeinträchtigt ist – u.a. mit einer bescheinigten 70 prozentigen Behinderung aufgrund eines schweren Rückenleidens – bedeutet dies eine Form permanenter Folter. Bis heute wurden weitere Kontaktversuche der AnwältInnen und angereisten Angehörigen durch die türkischen Behörden verhindert.
Yüksel Canlı hat die Arbeit von AGIF (Föderation der ArbeitsimmigrantInnen in Deutschland) und dem SKB (Bund sozialistischer Frauen) unterstützt. Sie hat bei Protesten gegen die bestialischen Massaker in Suruç, Ankara, Istanbul, Brüssel, Paris und in Kurdistan teilgenommen und die Solidaritätsarbeit der AGIF mit der SGDF unterstützt. In Kiel ist sie eine bekannte Aktivistin und aktiv in diversen politischen Zusammenhängen und Bündnissen.

Wir wissen, dass es in der Türkei derzeit ausreicht eine systemkritische Haltung zu haben, um in den Knast gesteckt und gefoltert oder ermordet zu werden.
Wir wissen, dass der Staatsterror Erdoğans und seiner AKP  alle treffen kann, dazu reicht es als linke Aktivistin in den Urlaub zu fahren.

Mit der Verhängung des Ausnahmezustands nach dem Putschversuch vom 15. Juli hat sich das Erdoğan-Regime ein weiteres, umfassendes Instrument geschaffen, um systemkritische Stimmen mundtot zumachen. Razzien, willkürliche Verhaftungen und Folter sind Alltag geworden. Festnahmen nur auf Verdacht wurden auf bis zu 30 Tage ausgeweitet. Jegliche Grundrechte wurden außer Kraft gesetzt, Meinungs-, Informations- und Pressefreiheit wurden abgeschafft.

Wir fürchten um die Gesundheit und das Leben von Yüksel Canlı und fordern ihre sofortige Freilassung!

Wir fordern den sofortigen Zugang für AnwältInnen, Angehörige und unabhängige medizinische Betreuung sowie die Freilassung der 11 Gefangenen aus Balıkesir!

Wir rufen alle demokratischen Kräfte auf, gegen die Festnahme von Yüksel Canlı, Bilen Ceyran, Cemal Altınsu zu protestieren und ihre Freilassung einzufordern!

H. Lange für den Bundesvorstand Rote Hilfe e.V.

Für weitere Informationen steht das Kieler Solidaritätskomitee zur Verfügung:
freiheit-fuer-yueksel-kiel@riseup.net
https://freiheitfueryueksel.noblogs.org/

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